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Von den Wurzeln des Salafismus und den Dschihad-Fans der Moderne - "Politischer Islam"

"Stresstest für Deutschland" lautet der Untertitel des Buches "Politischer Islam" der Ethnologin Susanne Schröter. Wer jetzt glaubt, es gehe um eine polemische Aufarbeitung mit "dem" Islam oder "den" Muslimen, dürfte sich allerdings getäuscht sehen. Schröter leitet seit nahezu fünf Jahren das Forschungstentrum Globaler Islam an der Frankfurter Goethe-Universität und befasst sich dort unter anderem mit den islamistischen Strömungen, mit der Frage, wo und warum sich junge Muslime radikalisieren bis hin zur Entscheidung, sich Gruppen wie der Terrormiliz Islamischer Staat anzuschließen. In "Politischer Islam" geht es denn auch nicht um diejenigen Muslime, die in Deutschland ihren Glauben praktizieren oder aber säkulär leben, die das Grundgesetz als die auch für sie geltende Grundordnung verstehen und denen Gewalt fern liegt. "Der politische Islam stellt eine Sonderform des Islam dar und sollte nicht als charakteristisch für die gesam

Der etwas andere Familienroman -"Dreck am Stecken"

Die Mutter wollte die Vergangenheit immer ruhen lassen, sprach nicht von ihren Eltern. Sie hatte schließlich auch mit der Gegenwart genug zu tun - vier Kinder von vier verschiedenen Männern, psychische Probleme, bei Alkohol und Zigaretten mehr Konsum, als gut tat Eine eher prekäre Existenz, zahlt doch nur einer der Väter regelmäßig Unterhalt. Für Johannes und seine Brüder ist die Mutter dennoch das unbestrittene Zentrum ihres kindlichen Universums und auch die vier Jungen halten zusammen wie Pech und Schwefel in Alexandra Fröhlichs Roman "Dreck am Stecken". Und dann ist da noch Opa Heinrich, der lange Zeit unbekannte Opa, der eines Tages mit seinem Köfferchen vor der Tür der Hamburger Wohnung steht und sich gewissermaßen selbst einquartiert. Er stört die Kreise des brüderlichen Rudels nicht sonderlich und erweist sich spätestens dann als nützliches Familienmitglied, als sich die Mutter einen Tag nach Johannes´ 18. Geburtstag die Pulsadern aufschneidet. Opa Heinrich übernimm

Geiseldrama in Moll - "Hotel Cartagena"

Für "Mexikoring" erhielt Simone Buchholz im vergangenen Jahr den Deutschen Krimipreis. Nun ist ein neuer Kriminalroman um die trinkfeste deutschamerikanische Staatsanwältin Chastity Riley mit dem komplizierten Gefühlsleben erschienen. Zum Ermitteln kommt Riley in diesem Hamburg-Krimi nicht, im Gegenteil: sie steckt selbst mitten im Geschehen, als eine Gruppe Männer eine Hamburger Hotelbar überfällt und Geiseln nimmt - darunter auch Riley und ihre Kollegen, die zu einer Geburtstagsfeier versammelt sind. Während das Geiseldrama seinen Lauf nimmt, beobachtet Riley, versucht die Stimmung zu analysieren, und Buckkolz schreibt in dieser unterkühlten, fast poetischen Art, die ihre Riley-Romane prägt: "Jeder von un weiß, dass hier gerade nichts ist, wie es sein sollte, dass das Leben soeben ziemlich scharf abgebogen ist, das ab dieser Nummer nichts mehr so sein wird, wie es vorher war. Könnte sein, dass wir alle noch in dieser Nacht sterbe, oder vielleicht morgen früh oder ers

Vom Ufer der Drina zur Aral-Tankstelle und zur deutschen Romantik - "Herkunft"

Man kann über eine Flüchtlingsbiografie voller Dramatik schreiben, über das Ankomen in der Fremde voller Schmerz oder voller Wut. Sasa Stanisic hat für seinen autobiografischen Familienroman "Herkunft" einen leicht ironischen Untertun und viel Wärme gefunden, mitunter leichte Distanz und Reflektion. "Herkunft", das ist die eigene Geschichte, aber auch die Geschichte eines Landes, das es nicht mehr gibt und eines Landes, das sich verändert. Auch um Zufälligkeiten geht es - ist Herkunft unverrückbar an den Ort der Geburt gebunden, ist es etwas, dass man sich aneignet, sind es Sprache und Zugehörigkeitsgefühl - und wer entscheidet, wer wohin gehört? Eine Geschichte voll liebevoller Erinnerungen und der Liebe zu einer Großmutter, die aufgrund fortschreitender Demenz ihre Erinnernung verzerrt und vergisst. Eine Geschichte des Friedhofs in dem fast schon mytholigisch-verwunschenen Bergdorf, wo fast alle Grabsteine den eigenen Familiennamen tragen, und Heidelberg als Ort