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Es werden Posts vom August, 2021 angezeigt.

Von wegen Hopfen und Malz verloren! - Die Bierkönigin von Minnesota

 Möglicherweise sind die Feinheiten von J Ryan Stradals Roman "Die Bierkönigin von Minnesota" an mich verschwendet - mein bevorzugtes alkoholisches Getränk ist Wein und den Hype um CraftBiere habe ich zwar mitgekriegt, bin aber nicht mitgehypt. Bier war für mich immer ein Durstlöscher an heißen Tagen, aber damit hat es sich auch schon. Stradal, so vermute ich mal, ist eher Biertrinker. Getränkevorlieben sind aber auch egal, denn so viel in diesem Buch auch von Bier die Rede ist, geht es doch vor allem um zwei starke Frauenfiguren, nein, eigentlich drei. Um Frauen, die ihren weg gehen, nicht immer unbeirrt, nicht immer gerade, aber dennoch konsequent. Um Familienbande, die so eng sein können und die bei einem Bruch ein Nachbeben über Generationen haben können. Kurzum, es geht um sehr viel mehr als nur um Hopfen, Malz und eine schaumige  Krone. Die erste der Frauen, auf die der Leser stößt, ist Edith - Anfang 60, seit Jahrzehnten in einem Pflegeheim beschäftigt, wo sie ebenfall

Ruhiges Familienportät - "Der Brand"

 "Der Brand" - das klingt zwar erst mal nach einem Titel, der Dramatik erwarten lässt, doch Daniela Kriens Roman ist ein langsam und ruhig erzähltes Psychogramm einer Familie, so unaufgeregt wie die Landschaft der Uckermark, wo die Handlung des Buches spielt. Rahel und Wolfgang hatten einen Wanderurlaub in den Bergen geplant, auf einer Hütte, weit weg von den Mitmenschen, auf deren Gesellschaft man in der abklingenden Pandemie immer noch wenig Lust hat. Doch kurz vor Urlaubsbeginn sagt der Besitzer ab - die Hütte ist einem Brand zum Opfer gefallen. Da kommt das Angebot, den alten Hof einer befreundeten Familie zu hüten - Der Künstler Viktor hatte einen Schlaganfall, seine Frau Ruth will ihn zur Reha begleiten. Rahel kennt Ruth seit ihrer Kindheit als Freundin ihrer Mutter, hat viele Jahre lang eben diesen Hof besucht..  Rahel,die Therapeutin und Wolfgang, der Germanistik-Professor, beide aus Dresden, sind nicht mehr jung und noch nicht alt. In der Lebensmitte gilt es, sich no

Familienbande - Der Panzer des Hummers

 Ein Geständnis vorneweg: Irgendwie bin ich nicht recht warm geworden mit "Der Panzer des Hummers". Der Familienroman der dänischen Autorin Caroline Albertine Minor mag hoch gelobt sein, mir kam die Geschichte um drei Geschwister, die sich nach dem Tod der Eltern auseinandergelebt haben, letztlich zerfasert vor. Noch nicht einmal wie ein Episodenroman, der ja auch seinen Reiz hat. Es lag auch nicht an der wechselnden Perspektive der drei Geschwister, die ja eigentlich  hilfreich ist, um Einblick in die verschiednenen Perspektiven und Persönlichkeiten gibt. Auch sprachlich gibt es nichts zu bemängeln. Dennoch - mir fehlte der rote Faden, denn so distanziert wie das Verhältnis der Geschwister ist letztlich auch der Erzählfluss. Obendrein geht es gleich mit einer Seance bei einer Seherin los, bei der sich der verstorbene Vater gewissermaßen vordrängelte, während eigentlich die Mutter gefragt war. Das war mir dann einfach zu esoterisch. Dabei werden in dem Buch durchaus interessa

Eine Entscheidung fürs Leben - dreieinhalb Stunden

 Die meisten lebensverändernden Entscheidungen werden gerne überschlafen, reiflich überlegt und abgewogen, vielleicht noch mit anderen diskutiert, deren Meinung einem wichtig ist. Nicht so in Robert Krauses "Dreieinhalb Stunden". Den Protagonisten dieses Episodenromans fährt die Zeit buchstäblich davon. Sie sind Passagiere im Interzonenzug, der sich am 13. August 1961 von München nach Berlin in Bewegung setzt. Ein, wie wir heute wissen, historisches Datum, das für den Bau der Berliner Mauer und die Abriegelung der DDR steht. Erst sind es nur Gerüchte, dann überschlagen sich die Berichte im Radio, und auch im Zug verbreitet sich die Nachricht, die Ängste auslöst: Wird es nun nie wieder einen Weg in den Westen geben? Ist das die Antwort des Staates auf die Menschen, die der DDR den Rücken gekehrt haben. Und die Reisenden aus der DDR haben dreieinhalb Stunden Zeit, um zu einer lebensverändernden Entscheidung zu kommen: Bleiben oder gehen? Zurück in das Bekannte, oder an einem de

Ermittler in einer archaischen Welt - Unbarmherziges Land

  Es ist ein anderes, ein archaisches Amerika, in das Chris Offutt die Leser in seinem Kentucky-Krimi "Unbarmherziges Land" führt. Der Titel verheißt schon - es geht nicht um skurrile Hillbillies, die in den Hügeln schwarzgebrannten Whisky brennen und ein wenig unterbelichtet sind, da Hochzeiten vorwiegend im engeren Familienkreis stattfinden. Familie und Familienehre wird gleichwohl großgeschrieben, Blutrache gibt es immer noch, und um die Menschen in den Hügeln zum Reden zu bewegen, ist ähnlich herausfordernd, wie das Prinzip der Omertá zu durchbrechen. Weil Familie alles ist, klemmt sich der Militärermittler Mick Hardin hinter einen Fall, der gar nicht seiner ist: Seine Schwester Linda ist Sherriff, die erste Frau, die diesen Job innehat, und manche Gespräche müssen auch heute noch von Mann zu Mann geführt werden in Kentucky. Zudem können die Ermittlungen zum Tod einer Frau, die im Wald gefunden wurde, Hardin von seinem ganz eigenen Dilemma ablenken: Seine Frau ist hochsch

Nicht alles passt in schwarz-weiß-Muster - "Die Hochzeit"

 Wenn Dorothy Wests schon in den 50-er Jahren geschriebener Roman "Die Hochzeit" etwas deutlich macht, dann dies: Nicht alles passt in schwarz-weiß-Muster, auch nicht die Einteilung von Menschen in Hautfarben. Und das Aussehen kann trügerisch sein, etwa im Fall von Shelby, der Braut: Sie ist blond und blauäugig - und dennoch sowohl nach eigener Einschätzung wie der aller Mitmenschen, die ihren Hintergrund kennen, schwarz. Dass sie nun ausgerechnet einen weißen Jazzmusiker heiraten will , passt ihren ebenfalls sehr hellhäutigen und wohlhabenden Eltern eigentlich gar nicht so recht. Sie befürchten, dass Shelby eine Schranke überschreitet, sich von den eigenen Leuten entfernt. Shelbys weiße Urgroßmutter, als Tochter eines Plantagenbesitzers aufgewachsen, ist dagegen höchst erfreut. Wird sie den Tag erleben, an dem ihre Ur-Urenkel als weiß gelten? Sie hat zwar sowohl ihre Enkelin, Tochter einer weißen Mutter und eines schwarzen Vaters, liebevoll-streng aufgezogen und die meiste Z