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Es werden Posts vom Juli, 2019 angezeigt.

Der traurige Kommissar und der tote Kardinal

Auf den ersten Blick ist Rafik Schamis Buch "Die geheime Mission des Kardinals" ein Kriminalroman. Schließlich wird - welch ein Skandal! - die Leiche eines römischen Kardinals in einem an die italienische Botschaft in Damaskus gelieferten Fass mit Olivenöl gefunden. Ein Fall, vielleicht der letzte große Fall, für den melancholischen Kommissar Barudi, wenige Monate vor seiner Pensionierung. Die vatikanische Botschaft  gibt sich zugrknöpft. Barudi, der zur christilichen Minderheit in Syrien gehört, bekommt über private Kontakte heraus, dass der Kirchenfürst in geheimer, komplizierter Mission unterwegs war. Diplomatie und Diskretion sind gefragt bei der Aufklärung dieses Falles, der schnell auch internationale Irritationen auslösen könnte. Wurde der Tat von Islamisten ermordet, gibt es persönliche Motive und warum soll der Kardinal zu einem muslimischen Bergheiligen Kontakt gesucht haben? Barudi, dieser leise, einsame und Gerechtigkeit liebende Mann, ahnt: Dieser Fall dürfte

Die Zauberlehrlinge - von Recht, Unrecht und der Frage nach Menschlichkeit

Es war eine Entscheidung, die bei mir  seinerzeit tatsächlich mal Stolz ausgelöst hat auf die deutsche Regierung: Die Entscheidung, den meist aus Syrien kommenden Flüchtlingen die Grenzen zu öffnen. Willkommenskultur wurde ein neuer Begriff und das vielleicht im Rückblick etwas naive "Wir schaffen das!" zu einer irgendwie optimistischen Botschaft. Wie lange scheint das mittlerweile her! Mittlerweile lassen sich mit Angst vor Fremden ziemlich gut Wählerstimmen generieren und viele derjenigen, die damals die Willkommenskultur teilten, sind verunsichert. Natürlich ist es eine ziemliche Herausforderung, eine so große Zahl von Menschen aus einem ganz anderen Kultur- und Sprachraum in der Gesellschaft zu integrieren. Natürlich gibt es  Konflikte. Natürlich kommen außer denen, mit denen man sich vorbehaltlos solidarisieren will, auch solche, die man lieber nicht als neue Mitbürger haben will. In dem Buch "Die Zauberlehrlinge" von  Stephan Detjen und Maximilian Steinbei

"Die Lotosblüte" - Frauenschicksal zwischen Lustobjekt und Selbstbestimmung

Nachdem ich mit "Die Plotter" vor ein paar Monaten mein erstes Buch eines koreanischen Autors gelesen habe und sehr beeindruckt war, war ich sehr gespannt auf "Lotosblüte" von Hwang Sok-Yong - auch wenn es sich um ein ganz anderes Genre und diesmal um ein historisches Frauenschicksal handelt. Die 15-jährige Koreanerin Chong, aus bittererer Armut als Zweitfrau/Geliebte an einen alten, reichen Chinesen verkauft, erlebt die Zeit der Opiumkriege und die Umbrüche in Ostasien. Ihre Schönheit und Jugend betört die Männer, doch für die meisten ist sie nur ein Lustobjekt - ob als Freudenmädchen in Nanking, von Menschenhändlern nach Formosa verkauft oder als Gespielin eines Engländers, der für die ostindische Handelsgesellschaft in Singapur lebt. Doch schon früh entscheidet Lenghwa, wie sie in China genannt wird, dass sie die Meisterin ihres eigenen Schcksals sein will, dass sie den Männern, die ihren Körper zu besitzen glauben, nicht die Kontrolle überlassen

Tod, Schrecken, und Märchen - das Labyrinth des Faun

Das Schöne und das Schreckliche kann so nahe beieinander liegen - gerade auch im Märchen. Das wird dem Leser von "Das Labyrinth des Faun" von Cornelia Funke und Guillermo del Toro schnell klar. Nicht nur, dass das Buch der Kinder und Jugendschriftstellerin im Spanien Francos spielt, geprägt von Faschismus, Dunkelheit und den Grausamkeiten des Bürgerkrieges. Ofelia, die junge Heldin, ist schwer vom Schicksal gebeutelt: Der Vater der 13-jährigen ist tot, und die Mutter ist gerade einmal ein Jahr später erneut verheiratet und hochschwanger. Nun reist sie mit Ofelia zu einer Mühle tief in einem entlegenen Wald, zu Capitan Vidal, dem Vater ihres ungeborenen Kindes. Ofelia ahnt schnell: Der Stiefvater ist ein harter, grausamer Mann, unfähig, Liebe zu empfinden. Der Offizier des Franco-Regimes verfolgt alle, die Widerstand leisten, mit brutaler Härte. Ofelia, die in ihren Büchern Zuflucht findet, sucht im Wald Zuflucht vor der Trostlosigkeit ihres neuen Lebens, und trifft auf ei

Agenten und Doppelspiel am Kap - "Sleeper"

Der Kalte Krieg mag vorbei sein, aber Geheimdiensten gehen nie die Feinde aus. Im Thriller "Sleeper" des südafrikanischen Autors Mike Nicol tummeln sich gleich mehrere Nachrichtendienste in Kapstadt und die Tödlichkeit des Agentenlebens hat seit den Tagen östlich oder westlich des Eisernen Vorhangs nichts eingebüßt, wie der Privatdetektiv und Freizeitdealer Bartolomeu "Fish" Pescado feststellen muss. Nun ist die Welt am Kap der Guten Hoffnung ja ohnehin nicht hundertprozentig in Ordnung: Hohe Kriminalität, Korruption, Vetternwirtschaft in einem ANC, der sich in den Jahren der Alleinherrschaft ein ganzes Stück weit von den Idealen des Freiheitskämpfers Mandela entfernt hat. Wirtschaftlich läuft auch nicht alles so, wie es sollte - da kommen Politiker schon mal auf Ideen für Sondereinnahmen. Etwa wenn es darum geht, angereichertes Uran aus Apartheidtagen an irgendwelche Schurkenstaaten zu verhökern - Hauptsache, die Bezahlung stimmt. Diese ganze Welt des Doppelspi

Doppelspiel, Liebe und Verrat - Die Frau aus Oslo

Eines vorneweg: Ein Agentenkrimi im Sinne von James Bond ist Kjell Ola Dahls “Die Frau aus Oslo” nicht. Statt rasanter Verfolgungen und viel Dramatik geht vieles hier subtiler, bedächtiger und ruhiger zu. Um Agenten und doppeltes Spiel, um Liebe und Verrat auf mehreren Ebenen geht es gleichwohl, ebenso um die Frage, wie Kriegs- und Gewalterfahrungen Menschen verändern. Statt eines Überagenten gibt es in dem norwegischen Kriminalroman gleich mehrere Zeit- und Handlungsebenen, die von der Gegenwart bis in die Zeit der deutschen Besatzung Norwegens im Zweiten Weltkrieg führen. Nicht immer ist die Verbindung zwischen den Punkten allerdings geglückt. Anfang und Ende – und hier wirkt die Handlung ein wenig konstruiert ist ein Armband, das die Norwegerin Turid in einem Zeitungsartikel über eine Auktion sieht und als das ihrer ermordeten biologischen Mutter erkennt. Turid will die Versteigerung stoppen, läuft dabei jedoch gegen Wände. Und schon findet sich der Leser im Oslo der