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Es werden Posts vom März, 2021 angezeigt.

Agenten, Kommune 1 und linker Anitsemitismus - Berlin-Krimi aus dem Kalten Krieg

  Fast drei Jahre hat es gedauert, bis das unter dem Pseudonym Lutz  Wilhelm Kellerhoff  schreibende  Autorentrio (Martin) Lutz, (Sven) Keller und (Uwe) Wilhelm  den Berliner Oberkommissar Wolf Heller wieder in einem neuen Fall ermitteln lässt. Und für mich steht fest: Das Warten hat sich gelohnt. Erneut schaffen es die Autoren, Spannung, glaubwürdige Charaktere und viel Zeitkolorit in einem historischen Kriminalroman unterzubringen, der auch die Gesellschaft der 1960-er Jahre kritisch beleuchtet. Ob Auseinandersetzung mit der Nazi-Vergangenheit der Vätergeneration, ob linker Antisemitismus - vieles ist trotz des historischen Settings ganz aktuell.  Wer "Die Tote im Wannsee" gelesen hat, wird außer Wolf Heller noch einige andere vertraute Buchfiguren wiedererkennen. Zuallererst Hellers frühere Vermieterin Paula,  mit der der Kommissar mittlerweile verheiratet ist. Doch das Familienleben mit Paula und ihren Kindern wird überschattet. Auch Ryan, der frühere US-Militärpolizist,

Sprache und Sprachlosigkeit mit wunderbar skurrilen Charakteren - die Erfindung der Sprache

Es wimmelt nur so von Sprachbildern, literarischen Anspielungen und Exzentrik in Anja Baumheiers Roman "Die Erfindung der Sprache", geschrieben mit einem großen Herz für Exzentriker (und Katzen) mit viel grüner Hoffnungsfarbe. Eine Familiengeschichte der anderen Art mit einem sympathischen Antihelden und zahlreichen skurril-sympathischen Figuren. Das fängt schon an mit der Familie von Adam Riese, des hochintelligenten, aber ein wenig weltfremden Sprachforschers, der mit der ganz normalen zwischenmenschlichen Kommunikation so seine Probleme hat. Denn Großvater Ubbo ist ein bergsteigerbegeisterter Ostfriese, der in der Heimat naturgemäß wenige Höhen vorfindet. Bei einer Reise ins böhmische Altvatergebirge lernt der gelernte Bäcker die backbegeisterte Leska kennen und lieben. Auf der fiktiven ostfriesischen Insel Platteoog, die einer ausgestreckte Katze ähnelt. Mit wenigen Einwohner, die alle ihre liebenswerten Macken haben, erinnert Platteoog ein wenig an Lummerland, wenn es st

Trauma und Tod - "Der silberne Elefant"

 Es ist jetzt schon ein paar Tage her, seit ich "Der silberne Elefant" von Jemma Wayne zugeklappt habe, um das Buch erst mal sacken zu lassen, ehe ich darüber schreibe. Heute habe ich noch immer zwiespältige Gefühle angesichts dieses Romans um drei sehr unterschiedliche Frauen, die sich aber alle mit ihrer Vergangenheit, mit traumatischen Erlebnissen, mit Tod und sterben auseinandersetzen müssen. Da ist etwa Lynn, früh verwitwet, unheilbar an Krebs erkrankt  und gerade mal in ihren 50-ern. Sie weiß, dass ihr nicht mehr viel Zeit bleibt - doch die will sie selbstbestimmt verleben und sich ganz gewiss nicht von ihrer Bald-Schwiegertochter Vera, einer PR-Beraterin, betreuen lassen. Widerwillig stimmt sie  zu, dass tageweise eine Pflegerin ins Haus kommt - Emily, eigentlich Emilienne, eine junge Afrikanerin, und, wie sich herausstelle, Überlebende des Völkermords aus Ruanda. Wayne beschreibt sowohl die Auseinandersetzung der Frauen mit ihrer Vergangenheit als auch ihre Verflechtu

Kontemplation am Vulkansee - Aus der Mitte des Sees

 Es gibt Bücher, die überraschen durch Stille und Unaufgeregtheit - und je mehr man sich auf sie einlässt, desto mehr geben sie zurück. "Aus der Mitte des Sees" von Moritz Heger ist so ein Buch. Stille ist gewissermaßen Bestandteil des Genius Loci, spielt die Handlung doch in einem Benediktinerkloster in der Eifel. Für Bruder Lukas, mit etwa 40 Jahren nicht mehr wirklich jung, aber auch noch nicht alt, ist der zum Kloster gehörende Vulkansee Ruhe- und Rückzugsort. Hier pflegte er mit seinem Mitbruder Andreas schwimmen zu gehen, mit dem er vor 16 Jahren in den Orden eintrat. Nicht nur das gemeinsame Noviziat verband - die beiden waren die jüngsten Mönche, Zeichen, dass das Kloster noch lebendig war, obwohl alle anderen Mönche schon deutlich älter waren. Doch jetzt ist Lukas alleine - Andreas verliebte sich in eine Frau, verließ das Kloster, seit kurzem ist er Vater und zu Beginn des Romans zögert Lukas mit dem Schreiben seiner Antwort an die junge Familie, fast als wolle er An

Die Experten - für einen Thriller leider zu zäh

 Als Thriller bezeichnet der Verlag "Die Experten" von Merle Kröger, die Autorin selbst spricht in ihrem Nachwort von einem "dokumentarischen Roman, was auf jeden Fall zutreffend ist. Denn in die Anfang der 60-er Jahre spielende Handlung sind zahlreiche dokumentarische Hintergründe eingearbeitet. Da es sich hierbei allerdings nicht um Fußnoten oder sonstige Anmerkungen handelt, wird der Erzählfluss immer wieder unterbrochen - und das dämpft das Lesevergnügen doch ganz erheblich, vor allem, da es bei einem Thriller immer auch um Spannungsaufbau geht. So gerät der Lesefluss doch eher zäh. Hauptfigur ist Rita Hellberg, die heranwachsende Tochter eines Flugzeugingenieurs, der in der jungen Bundesrepublik keine Chance für die Forschungsarbeit sieht, die er gerne betreiben will. Er folgt dem Ruf der ägyptischen Regierung, die deutsche Experten für ihr Luftfahrt- und Raketenprogramm anwirbt. Rita, die gerade wegen unerlaubten Männerbesuchs aus dem Internat geflogen ist, muss zu

Waffen und Sprengstoff für den Tag X - "Staatsfeinde in Uniform"

 Es gibt "Prepper", die werden als harmlose Spinner mit Weltuntergangsfantasien belächelt. Wenn es sich allerdings um Elitesoldaten und -polizisten handelt, die nicht Wasser, Benzin und Bundeswehrproviant horten, sondern Sprengstoff, Munition und Sturmgewehre, vergeht das Lachen ganz schnell. Ganz besonders dann, wenn rechtsextremistisches Gedankengut im Spiel ist, Todeslisten gegen Politiker, Journalisten und andere Missliebige vorbereitet werden.  Szenarien wie diese spielen nicht nur in diversen Thrillern und Kriminalromaen eine Rolle, zuletzt etwa in "Der Solist" von Jan Seghers, es gibt ganz konkrete Beispiele aus den vergangenen Jahren - und es sind längst keine bedauertlichen Einzelfälle mehr, wie mancher Politiker immer noch glauben möchte. In seinem Buch "Staatsfeinde in Uniform" beschäftigt sich der Journalist Dirk Laabs mit diesem Phänomen, beschreibt Vorfälle und Skandale der Vergangenheit, analysiert das Versagen von Vorgesetzten und Sicherhei