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Der Lauf ums Leben - "Ich war Hitlers Trauzeuge"

Bitterböse, tieftraurig, voll makabrer Komik und schwarzem Humor – mit „Ich war Hitlers Trauzeuge“ hat Peter Keglevic einen Roman mit ungewöhnlicher Perspektive über die Endphase des Zweiten Weltkriegs, über Endsiegglauben, Untergangsstimmung und das Überleben seiner Hauptfigur Harry gegen alle Wahrscheinlichkeit geschrieben. Denn Harry Freudenthal, jüngster Sohn einer Berliner Zahnarztfamilie, wäre als Jude im April 1945 eigentlich wie schon all die Jahre zuvor ein Todgeweihter. Jahrelang lebte er als Untergetauchter, mit falschen Papieren, auf einer Odyssee kreuz und quer durch Europa. Er ist der einzige, der übrig ist von seiner Familie, die sich so mit Deutschland identifiziert hatte, dass die meisten von ihnen bis zuletzt nicht wahrhaben wollten, dass ihre Heimat sie nicht nur ausgestoßen hatte, sondern ihren Tod wollte – Eisernes Kreuz aus dem Ersten Weltkrieg hin, tiefe Verwurzelung in der deutschen Musik und Literatur her. Wieder einmal ist Harry den Häschern im

Knast und medizinische Experimente - die Millenium-Reihe geht weiter

Mit seinen drei Millenium-Romanen und die punkige Hackerin Lisbeth Salander und den investigativen Journalisten Mikael Blomquist wurde Stieg Larsson nicht nur in seiner schwedischen Heimat Kult-Autor. Mit dem frühen Tod Larssons schien die Millenium-Serie auf dem Höhepunkt ihres Erfolgs schon vor dem Aus zu stehen - das wollten denn auch die Verleger nicht. David Lagercrantz übernahm das kultige Duo und seine Fälle, in denen es immer auch um Gewalt gegen Frauen, um menschenverachtende Politiker, Unternehmer mit Dreck am Stecken und teils exzentrische Nebencharaktere aus der Hackerszene handelt. Mit "Verfolgung", dem nunmehr fünften Band der Millenium-Serie und dem zweiten von David Lagercrantz, steht für mich fest: Lagercrantz hat es geschafft, sowohl quasi bruchlos das Ruder zu übernehmen und die Charaktere kontinuierlich weiter zu führen, dabei aber auch eigenes geschaffen und muss sich hinter seinem Vorgänger Larsson nicht verstecken. Einige von den früheren Romanen be

Das Böse unter uns - Terror-Thriller "Die Essenz des Bösen"

Der Londoner Kriminalpolizist Max Wolfe will eigentlich nur einen Rucksack für seine kleine Tochter kaufen – doch unversehens wird das Einkaufszentrum zum Tatort: Terorristen bringen mit einer Drohne einen Hubschrauber zum Absturz. Als der Helikopter durch das Glasdach des Einkaufszentrums stürzt, muss auch Wolfe um sein Leben rennen. Das ist der dramatische Auftakt von Tony Parsons Kriminalthriller “Die Essenz des Bösen” Die Ereignisse lassen beim Leser einen inneren Film ablaufen – schließlich sind die Schreckensbilder eines Terrorangriffs an einem dicht bevölkerten Ort seit dem 11. September ins kollektive Gedächtnis gebrannt und seitdem immer wieder durch Anschläge in Madrid und Paris, in Brüssel und Berlin verstärkt worden. Szenenwechsel: Wolfe nimmt zusammen mit einem Trupp Elitepolizisten an einem Einsatz teil, der zur Festnahme der mutmaßlichen Täter des Anschlags führen soll. Doch die Aktion endet nicht nur mit dem Tod der beiden Attentäter, auch eine Polizistin

Wovon Du nichts ahnst - Psychothriller um gestohlene Identität

Sarah Havenants Leben ist eigentlich in schönster Ordnung: Ihre Arbeit als Ärztin, das Familienleben, Freundschaften, Ausflüge ans Meer. Erst die Facebook-Freundschaftsanfrage einer ehemaligen Mitschülerin wirft einen Schatten in die Kleinstadtidylle an der amerikanischen Ostküste – denn erst durch die Frage, welches Profil denn das richtige ist, erkennt Sarah, dass es noch ein weiteres Profil von Sarah Havenant gibt, mit Bildern aus ihrem Zuhause, ihrem Alltag. Erst glaubt die Ärztin an einen Scherz, der nicht besonders komisch ist. Doch wer kann sie unbeobachtet so genau verfolgen? Wer versucht, ihre Identität zu stehlen? Wer schickt Bücher über bipolare Störungen und Selbstmordprävention? Sarahs Leben gerät aus den Fugen – und nicht nur das, sie scheint im raffiniert-tückischen Netz eines unbekannten Stalkers gefangen. Ihr eigener Mann weiß nicht mehr, ob Sarah unter Verfolgungswahn leidet oder womöglich mit diesen Aktionen Aufmerksamkeit sucht. Mit „Wovon du nichts

Fremdland - ein spannender Polizeikrimi mit ein paar Schwächen

Rassismus bei der Polizei, falsch verstandene Loyalität gegenüber Kollegen, die Aussichtslosigkeit von Flüchtlingen, anders als mit illegalen Methoden ihren Lebensunterhalt zu verdienen - “Fremdland” von Philipp Reinartz befasst sich mit hochaktuellen Themen, kein Zweifel. Auf zwei Zeitebenen spielt der Krimi um den Berliner Mordermittler Jay – in der Gegenwart und in den 90-er Jahren. Der Tod zweier Polizisten auf einem verlassenen Firmengelände, die wohl organisierten Drogenhändlern in die Falle gingen, beschäftigt Jay eigentlich zunächst nur im Zuge privater Verwicklungen und im Zusammenhang mit einem früheren Fall. Doch plötzlich tauchen Bezüge auf, die auch die Untersuchungen des Todes einer 97-Jährigen in einer Seniorenresidenz in ein neues Licht rücken. “Wie eine Netflix-Serie zum Lesen” verspricht der Klappentext. Doch das ist dann doch ein wenig zu hoch gegriffen. Zwar ist es durchaus reizvoll, wie die Zeitebenen und die beiden Handlungsstricke unvermittelt ineinande