Posts

Es werden Posts vom September, 2018 angezeigt.

Unverfrorene Freunde - Faszination Pinguin

 #Sachbuch #Natur #Naturschutz #Tiere Klemens Pütz erforscht seit Jahrzehnten Pinguine, und die Faszination für sein Spezialthema - und für die Feldforschung - ist ihm auch nach all den Jahren deutlich anzumerken. Eine Pinguinkolonie mag dreimal so schlimm riechen wie ein "Fischmarkt am Abend", aber trotzdem geht der Biologe noch immer gerne auf Augenhöhe, buchstäblich, und kommt in der Bauchlage seinen Forschungsobjekten ganz nahe. Für den Leser von "unverfrorene Freunde" ist dabei ein großer Vorteil, dass Pütz regelmäßig auf Kreuzfahrtschiffen über seine einst als Brikettersatz verfeuerten Freunde Vorträge hält, denn er schreibt so, dass auch ohne ornithologisches Fachwissen der "Normalleser" den Anschluss nicht verliert.  Locker-flockig beschreibt er das Leben der Frackträger, ihre Gewohnheiten, Speiseplan und Familiendasein. Die Faszination an seinen gefiederten Freunden im ewigen Eis und in den subpolaren Küstengebieten versucht er gar nicht erst z

Odyssee eines Heimatlosen - Wie hoch die Wasser steigen

#Literatur  Neben der Suche nach dem schnellen Geld muss es auch Fernweh und Abenteuerlust gewesen sein, die Waclaw einst auf die Arbeit auf Bohrinseln getrieben haben. Allerdings hat sich das Abenteuer auf Enge in einer Männergemeinschaft erwiesen, die sich nicht unbedingt viel zu sagen hat. Die Arbeit ist gefährlich, auch Waclaw hat seine Verletzungen davongetragen, innere und äußere.  Über Langeweile, Einöde und Erschöpfung auf den Offshore-Plattformen wie auch in den anonymen Apartments zwischen Nordafrika und Texas hat ihm Matyas hinweggeholfen, sein bester Freund. Doch Matyas ist verschwunden – ein Arbeitsunfall? Für Waclaw ist die Arbeit plötzlich unerträglich geworden. Dass die Suche nach Matyas so schnell aufgegeben wurde, dass niemand so wirklich am Schicksal des jungen Ungarn interessiert scheint, zermürbt ihn. Von einer Auszeit kehrt er einfach nicht zurück, die fristlose Kündigung erreicht ihn irgendwo zwischen Hafen und Flughafen und Waclaw lässt sich trei

Späte Liebe in der Todeszone - Adolf Muschgs "Heimkehr nach Fukushima"

Er ist nicht mehr der Jüngste, der Architekt und Schriftsteller Paul Neuhaus. Hat es sich gut eingerichtet in seiner Pendel-Beziehung mit der Wissenschaftlerin Susanne, gutem Essen und Literatur – Adalbert Stifter und das Thema “Nachkommenschaften” hat es dem Mann, der als reicher Jüngling grau geworden ist, besonders angetan. Unverhofft kommt in seine Idylle eine Einladung in die atomar verstrahlte Zone Fukushima: Der Manga-Künstler Ken, den Paul und Susanne vor Jahren bei einem Japan-Besuch kennengelernt haben, lädt das Paar ein. Der Onkel seiner Frau Mitsu, so schreibt er, wolle sein Heimatdorf in der “Zone” wieder besiedeln. Die Menschen seien da noch skeptisch, gerade Familien mit Kindern. Eine von Paul zu gründende Künstlerkolonie, nach dem Vorbild von Worpswede, soll Abhilfe schaffen, Touristen anlocken und vor allem die langersehnte Normalität zurück bringen. Schließlich melden sich Künstler eher nicht zum Selbstmordkommando, ihre Anwesenheit soll symbolisieren: Es lebt

Sex und Lügen - vom Kampf für Frauenrechte

#Frauen #Gesellschaft #Marokko #Sachbuch Sie müssen Mut gehabt haben, die Frauen, die mit der Autorin Leila Slimani für das Buch “Sex und Lügen” zum Gespräch bereit waren, Oder vielleicht waren es Verzweiflung, Wut und Enttäuschung über eine Gesellschaft, die ihre “Ehre” höher stellte als ihre Persönlichkeit, ihre Wünsche und ihr Begehren, die sie dazu brachte, das Schweigen zu brechen. Slimani schildert die Gespräche mit Frauen aus Marokko mit unaufgeregter Sachlichkeit – Partei für die Frauen, aber auch für alle Männer, die unter den gesellschaftlichen Zwängen leiden, ergreift sie trotzdem. Slimani hat mit Akademikerinnen und Prostituierten gesprochen, mit Frauen verschiedener Gesellschaftsschichten, mit Atheistinnen und Religiösen. So unterschiedlich die Frauen auch waren – eine Erfahrung hatten alle gemeinsam: Dass sie als Mädchen häufig keinerlei Aufklärung und Sexualerziehung erhielten, ja dass ihre Sexualität das große Tabu war. Selbst dort, wo in aufgeklärten Elternhäus

1968 - ein Jahr, das Geschichte schrieb

#Zeitgesschehen #Deutschland #Sachbuch Claus Koch ist ein 68-er – und darauf ist er, mancher Desillusionierung zum Trotz, nach wie vor ziemlich stolz. In seinem Buch 1968 setzt er sich nicht nur mit der eigenen Generation auseinander, sondern auch damit, wie die 68-er die Generation der eigenen Kinder und Enkel prägten und sich von der Generation ihrer Eltern absetzten. Sie wollen vor allem eines sein: nicht so wie ihre Eltern, wie die Verdrängungsexperten, die Schuld, Verantwortung und Fragen zu den deutschen Verbrechen während des Nationalsozialismus und des Zweiten Weltkriegs, zur eigenen Verstrickung, nicht zulassen wollte. Darüber hinaus gab es für die Schüler und Studenten, für die das Jahr 1968 zum Jahr von Aufbruch, von Träumen und Rebellion wurde, noch einiges andere, was sie von der auf Leistung und Gehorsam gedrillten Elterngeneration absetzte. Sprich: Sex, Drugs und Rock ´n´Roll – für die einen mehr ein Wunschtraum, von anderen so oft wie möglich praktiziert.

Deutsches Haus - Die Dolmetscherin und der Auschwitz-Prozess

#Familienroman #Zeitgeschichte #Frauenliteratur #Deutschland #Holocaust “Deutsches Haus” heißt die Gaststätte, die die Eltern der jungen Dolmetscherin Eva in Frankfurt betreiben. Bürgerliche Küche, Gänsebraten mit Rotkohl und Klössen – es sind die fetten Jahre der jungen Bundesrepublik und nichts lässt ahnen, dass schon in wenigen Jahren auch in Frankfurt Studenten durch die Straßen ziehen und mit dem Muff der Vergangenheit ausräumen wollen. Eva, behütet, ein wenig altmodisch und frisch verlobt, liegt der Gedanke an alles revolutuionäre jedenfalls fern. Sie träumt vom sozialen Aufstieg an der Seite eines Unternehmersohns, und dass dieser von seiner Frau Unterordnung erwartet, stört sie nicht weiter. Zufällig, ausgerechnet beim Antrittsbesuch des Freundes bei ihrer Familie, wird sie zu einem Auftrag gerufen. Normalerweise übersetzt Eva zu Wirtschaftsfragen aus dem Polnischen. Zu dem, was sie in einem Büro des Generalstaatsanwalts übersetzen soll, fehlen ihr, buchstäblich, d

Ein besoffener Bär im Bergwerkswald - schwedische Provinzposse in der Youtube-Ära

#Schweden;  #Unterhaltung #Humor Mitunter schwermütig, voll innerer Nabelschau, gesellschaftskritisch und mit einer gewissen depressiven Grundnote – so kennt der Leser Literatur aus dem hohen Norden. Petterimäkis Roman “Ein besoffener Bär im Bergwerkswald” ist all das nicht. Vielleicht liegt es ja auch daran, dass der Autor der Schweden-Romans aus Finnland stammt. Da spielt dann vielleicht auch ein Stücl anarcho-Humor wie einst bei den “Leningrad Cowboys” mit rein. Dabei hätte Per Danielson, Bürgermeister einer dahinschrumpfenden Gemeinde in einer brachliegenden ehemaligen Bergbauregion, durchaus Grund, Trübsal zu blasen. Die Gemeinde kommt wirtschaftlch nicht auf die Beine, immer mehr Einwohner wandern ab, sowohl die Töpferwerkstatt als auch die Pension, die seine Frau betreibt, liegen brach. Die schwer pubertierenden Kinder nehmen ihn nur noch als Ärgernis zur Kenntnis, wenn überhaupt. Immerhin, die Partei hat ihm einen Listenplatz für die nächsten Reichstagswahlen in Aus

Manhattan Beach - Der Traum vom Tauchen

#Belletristik #historischer Roman #USA #Zweiter Weltkrieg Stell dir vor, es ist Krieg – und plötzlich stehen die Chancen offen, die früher undenkbar gewesen wären. So jedenfalls geht es Anna, der Hauptfigur in Jennifer Egans Roman “Manhattan Beach”. Als Tochter einer irischen Familie aus Brooklyn scheint ihr Leben weitgehend vorbestimmt – Familie und Kirchgang, und irgendwann eine eigene Familie. Aber der Kriegseintritt der USA nach dem Angriff auf Pearl Harbour wirft das traditionelle Gefüge durcheinander. Plötzlich fehlen in Fabriken und anderswo die Männer und die Frauen rücken in eine Arbeitswelt vor, die ihnen bisher verschlossen war. Auch Anna arbeitet für die Kriegsindustrie im Büro einer Werft. Die Arbeit findet sie aber langweilig, viel mehr reizen sie die Schiffe, die dort gebaut werden, beneidet im Stillen die Frauen, die auf den Docks etwa als Schweißerinnen arbeiten. Doch Anna, das brave irische Mädchen, das seiner Mutter bei der Pflege der behinde

Brennende Autos und kriminelle Familienclans - "Mexikoring" von Simone Buchholz

Spröde, poetisch, düster und schnörkellos – mit “Mexikoring” hat Simone Buchholz einen Großstadtkrimi über die Welt krimineller Familienclans geschrieben, in denen archaische Gesetze gelten und die niemand verlassen kann. Staatsanwältin Chastity Riley ist nicht begeistert, als sie nachts aus dem Bett geklingelt und an einen Tatort gerufen wird. Brennende Autos, die gibt es in Hamburg oft genug. Diesmal allerdings sitzt ein junger Mann mit schweren Brandverletzungen drin. Der Blick auf die Fahrzeugpapiere elektrisiert die Ermittlerin dann allerdings ganz schnell, denn der Name des Mannes weist ihn als Mitglied eines Familienclans aus, der der Staatsanwältin im Zusammenhang mit OK, also Organisierter Kriminalität wohl bekannt ist. Als ermittelnde Staatsanwältin taucht Riley in eine Macho-Welt ein, die sich hermetisch gegen Außenstehende abschottet und aus der Insiderr eigentlich überhaupt nicht entkommen könne. Nouri, der Mann im brennenden Auto, hat es durch den Bruc

"Text" - Schuld und Sühne im Cyberage

#Thriller #Russland #Spannung Wie farbig kann ein grauer russischer Novembertag sein? Eigentlich im depremierenden grau-in-grau, aber Dmitry Glukhowvsky schafft es gleich auf den ersten Seiten von “Text”, so lebendige Bilder zu schaffen, dass der Leser die Heimkehr des 27-Jährigen Ilja nach sieben Jahren Strafkolonie weit im Osten Russlands vor dem inneren Auge nicht nur sehen, sondern riechen und spüren kann. Allein schon die Stimmung, die Ilja spürt, als er in Moskau aus dem Zug steigt, noch erwartungsfroh, begierig auf die Heimkehr zur Mutter. Und dann sind sie da, die Polizisten, "Bullen mit Schäferhundblick" - da wird es in wenigen Worten ganz atmosphärisch dicht. Die Heimkehr zur Mutter, die Vorfreude auf die Kohlsuppe enden aprupt: Die Wohnung ist leer, eine Nachbarin berichtet, die Mutter sei an einem Herzinfarkt gestorben, kurz nachdem Ilja ihr telefonisch seine Rückkehr angekündigt hat. Es ist wie ein Sturz ins Bodenlose. Nun soll derjenige zahlen, de

Teuflische Saat - Spannender Thriller über den Südsudan

#Thriller #Afrika #Südsudan #Zeitgeschehen #Spannung Der Südsudan, jüngster Staat der Welt mit blutiger Vergangenheit und ungewisser Zukunft, ist der Schauplatz des spannendenThrillers "Teuflische Saat". Die Suche nach einer seltenen Pflanze wird zu einer Reise zu Abgründen und tödlicher Gefahr. Gabriel Cockburn ist ein Protagonist, der auch aus einem Roman von John Le Carré stammen könnte: Wissenschaftler am Botanischen Institut, nicht mehr jung, noch nicht alt, dessen Ehe ebenso eingefroren scheint wie seine Karierre. Ein unauffälliger Mann mit milder Midlife Crisis, der es im Triller “Teuflische Saat” des südafrikanischen Schriftstellers Andrew Brown nichtsdestotrotz schafft, das Interesse von Geheimdiensten, Militärs und Waffenhändlern auf sich zu ziehen, als er auf der Suche nach einer ganz bestimmten Pflanze in den Südsudan reist. Denn gerade dort gilt es für den britischen Auslandsgeheimnis MI6 und einen hohen Luftwaffenoffizier, Beweismittel für eine Dronen

Am Abend vor dem Meer - berührendes Bilderbuch für Kinder und Erwachsene

#Flucht #Migration #Syrien #UNHCR Khaled Hosseini berührt mit seinem schmalen, reich bebilderten Buch, Sea Prayer, Gebet am Meer, heißt seine kleine aber wichtige Erzählung im Original, und wie ein Gebet ist sie geradezu meditativ. Sicher auch ein geeignetes Buch, um Kindern das Thema Flucht über das Meer nahe zu bringen. Gerade mal 45 Seiten, manchmal nur ein paar Zeilen Text als Ergänzung zu den Illustrationen von Dan Williams. Mit "Am Abend vor dem Meer" setzt Khaled Hosseini den Flüchtlingsfamilien ein Denkmal. In ebenso einfacher wie poetischer Frage gibt es Antwort auf die Frage: Warum kommen diese Menschen? Inspiriert für «Am Abend vor dem Meer» wurde Hosseini vom Schicksal des dreijährigen Alan Kurdis aus Syrien, der vor drei Jahren im Mittelmeer ertrank. Das Bild des toten Kindes am Strand ging damals um die Welt. Schon die Farben der Bilder zeigen die Zäsur, die der Krieg nach Syrien gebracht hat. Das Davor: Bunt, Grün, farbenfroh, ein üppiges oriental