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Es werden Posts vom Juni, 2021 angezeigt.

Klimaerwärmung macht nicht nur Menschen zu schaffen - "Tierisch heiß"

 Die Vorstellung treibt den Puls von Tierfreunden mit einem Faible für Teddybären nach oben: Koalas, die tot von Bäumen fallen. Die Rede ist nicht- oder jedenfalls nicht ausschließlich von den verheerenden Waldbränden in Australien, denen massenweise Wildtiere zum Opfer gefallen sind. Die Wildtierbiologin Lisa Warnecke befasst sich in ihrem Buch "Tierisch heiß" mit den Auswirkungen des Klimawandels auf die Tierwelt. Da sie mit ihrer Familie in Australien lebt und dort forscht, geht es unter anderem um die Koalas, die bekanntlich weder besonders schnell laufen können noch mal eben so ihre Ernährungs- und Lebensgewohnheiten umstellen können. Und wenn Eukalyptuswälder unter klimabedingten Hitzestress leiden, geht es natürlich auch den Koalas schlecht. Dabei ist es gar nicht allein der Temperaturanstieg, der den Tieren zu schaffen macht, erläutert die Autorin und kommt auf die Möglichkeiten zu sprechen, wie Tiere mit Hitze umgehen - durch Schwitzen oder Hecheln zum Beispiel, mit

Debütroman voller Power und Zärtlichkeit - Die jüngste Tocher

 "Die jüngste Tochter", der Debütroman von Fatima Daas ist im vergangenen Monat erschienen, aber er passt noch besser in den Juni, den Pride-Monat der LGBTQI-Community. Fatima Daas ist ein Pseudonym, und hat mit ihrer gleichnamigen Ich-Erzählerin viel gemeinsam: Sie ist die Tochter einer algerischen Einwandererfamilie, und sie ist lesbisch. Sie ist auch eine gläubige Muslima - und ringt um eine Vereinbarkeit ihrer Religion und ihrer auch von ihr selbst als sündig wahrgenommenen Lebensweise.  Eine  Autobiografie oder Literatur mit autobiografischen Elementen? Auf jeden Fall ein  eindrücklicher Roman mit einer Sprache voller Wut und Zärtlichkeit, zwischen dem Aufbegehren eines in der Schule auffälligen Mädchens aus der Vorstadt und der schreibenden jungen Frau, die nicht nur ihre Rolle in der Metropole Paris sucht, sondern ihre verschiedenen Leben miteinander versöhnen will. Geradezu meditativ, wie die Perlen einer Gebetskette, wie die Sätze der Koransuren und Gebetsrufe ist di

Cops, Verräter und Rebellen - Der Abstinent

 Als W.B. Yeats über irischen Nationalismus und den Osteraufstand von 1916 schrieb, da geschah das überaus poetisch ("A terrible beauty is born"). Doch ehe es den Osteraufstand gab, ehe es die IRA gab, gab es im 19. Jahrhundert die Fenians, die gegen die britische Herrschaft in Irland kämpften - auch in den irischen Communities fern der grünen Insel.  In seinem Roman "Der Abstinent" schreibt Ian McGuire über den irischen Freiheitskampf aus ungewöhnlicher Perspektive mit viel hartem, düsteren Realismus. Schrecklich ist hier vieles, doch Schönheit sucht man vergebens in dunklen stinkenden Gassen, Besäufnissen, Gewalt. James O´Connor ist katholischer Ire und Polizist in Manchester - damit ist er überall ein Außenseiter: Für die Iren ist er ein Verräter, für die englischen Kollegen einer, dem sie nicht wirklich trauen. Nach dem Tod seiner Frau hat O´Connor den Halt verloren, ist Alkoholiker geworden. Die Versetzung nach Manchester war auch ein Versuch der Vorgesetzten i

Von Alltagsrassismus, Neuerfindung und guten Absichten - such a fun age

 Alix Chamberlain, erfolgreiche Influencerin Mitte 30 und eine der beiden Hauptfiguren in Kiley Reids Debürtoman "Such a fun age", hat durchaus etwas mit Popqueen Madonna gemeinsam: Auch sie hat sich immer wieder neu erfunden: Vom neureichen und irgendwie peinlichen Mädchen zum Highschool Outcast, dann aber erfolgreiche Autorin von Bettelbriefen, um kostenlos Produkte zu bekommen, ist ihre Marke nun Woman Empowerment. Allerdings ist die digitale Karriere ins Stocken geraten, seit die Frau eines News Anchors und Mutter zweier Kinder im Vorschulalter von Manhattan in die Provinz gezogen ist - eine Tatsache, die sie ihren Leserinnen wohlweislich vorenthält. Schwangerschaftspfunde und kreativer Blackout sorgen für Frust. Wie gut, dass es Emira  gibt, dass 25jährige Kindermädchen, das sich vor allem um die dreijährige Bria kümmert. Emira ist zwar die erste Collegeabsolventin ihrer Famlie, aber merkwürdig antriebslos. Während ihre gleichaltrigen Freundinnen ehrgeizig das Leben in A

Publikumsbeschimpfung in Buchform - drei Kameradinnen

 Uff! Das war meine erste Reaktion, als ich "Drei Kameradinnen" von Shida Bazyar aus der Hand legte. Und irgendwie hält diese Reaktion auch Tage später an, während ich versuche, eine Meinung zu diesem Buch zu formulieren, das mich mit ausgesprochen zwiespältigen Gefühlen zurückgelassen hat. Ich hätte es gerne gemocht, die Themen sprechen mich an: Frauen, Freundschaft, multikulturelle Gesellschaft, Alltagsrassismus und der Umgang damit. Und ich mochte die Schreibweise der Ich-Erzählerin an sich - die Schnoddrigkeit, den sprunghaften Erzählfluss, das Atemlose. Aber - und das ist ein großes Aber - genervt hat mich die unaufhörliche Schwarz-Weiß-Malerei, die Larmoyanz, die schablonenhafte Aggression, die Publikumsbeschimpfung in Buchform, die einfach mal voraussetzt, dass die Leser die "anderen" zu sein haben, die jetzt gefällig mal sehen sollen, wie es ist, wegen der ethnischen Herkunftsbiografie schief angesehen zu werden. Als ob nicht auch Menschen mit migrantischem

Familienepos vor dem Hintergrund des Nahostkonflikts - Der große Wind der Zeit

Joshual Sobol ist vor allem als Dramatiker (Ghetto) bekannt.  Mit "Der große Wind der Zeit" hat der israelische Autor nun aber auch einen epischen Roman geschrieben, der über vier Generationen einer Familie hinweg die Geschichte Israels wie auch des Nahostkonflikts erzählt und vor allem mit zwei starken Frauenfiguren beeindruckt. Da ist zum einen Libby, eine junge israelische Soldatin, wegen ihrer exzellenten arabischen Sprachkenntnisse als Verhörspezialisin eingesetzt. Sie ist eine, die mit ihren Hinhörqualitäten Terroristen "geknackt" hat, ganz ohne Gewalt. Im letzten Verhör ihrer Armeezeit trifft sie auf Adib - Palästinenser, Historiker, in Großbritannien aufgewachsen. Er ist zum Begräbnis seiner von israelischen Soldaten erschossenen zwölfjährigen Cousine nach Israel gekommen und den Sicherheitsbehörden gewissermaßen qua Geburt suspekt.  Dass die Frau mit Kopftuch, die in seine Zelle geführt wird, ihm eigentlich Informationen entlocken soll, ist Adib sofort klar

Väter, Söhne und der Krieg - "Der Freiwillige"

 In seinem Mehrgenerationenroman "Der Freiwillige" schafft es Salvatore Scibona gleich mehrfach, seine Leser mit immer neuen Wendungen zu überraschen und dem Text eine neue Richtung zu geben. Das beginnt schon mit der Hauptfigur. "Der Freiwillige" startet in der Gegenwart, auf dem Hamburger Flughafen: Ein kleiner Junge, bitterlich weinend, wird auf einer Flugzeugtoilette gefunden. Das Kind spricht kein Deutsch, weigert sich, seinen Namen zu nennen und nachdem niemand den Suchaufrufen gefolgt ist, scheint die Schlussfolgerung naheliegend, dass es hier ausgesetzt wurde. Also ein Buch über das Schicksal dieses Kindes? Nicht wirklich - als Leser weiß man zu diesem Zeitpunkt schon mehr als die Figuren des Buches. Der kleine Junge heißt Janis, Sohn einer estnischen Kellnerin und des amerikanischen Soldaten Elroy, der an allen möglichen Fronten in Krieg gegen den Terrorkämpft. Das Kind sieht er nur unregelmäßig, die Beziehung ist längst auseinandergebrochen. Doch nun will