Ruhiges Familienportät - "Der Brand"

 "Der Brand" - das klingt zwar erst mal nach einem Titel, der Dramatik erwarten lässt, doch Daniela Kriens Roman ist ein langsam und ruhig erzähltes Psychogramm einer Familie, so unaufgeregt wie die Landschaft der Uckermark, wo die Handlung des Buches spielt. Rahel und Wolfgang hatten einen Wanderurlaub in den Bergen geplant, auf einer Hütte, weit weg von den Mitmenschen, auf deren Gesellschaft man in der abklingenden Pandemie immer noch wenig Lust hat. Doch kurz vor Urlaubsbeginn sagt der Besitzer ab - die Hütte ist einem Brand zum Opfer gefallen.

Da kommt das Angebot, den alten Hof einer befreundeten Familie zu hüten - Der Künstler Viktor hatte einen Schlaganfall, seine Frau Ruth will ihn zur Reha begleiten. Rahel kennt Ruth seit ihrer Kindheit als Freundin ihrer Mutter, hat viele Jahre lang eben diesen Hof besucht.. 

Rahel,die Therapeutin und Wolfgang, der Germanistik-Professor, beide aus Dresden, sind nicht mehr jung und noch nicht alt. In der Lebensmitte gilt es, sich noch einmal neu zu finden, auch als Paar. Doch Wolfgang lehnt Rahels Avancen ab. Auf dem Hof ist viel Platz, den Tag getrennt voneinander zu verbringen, nachts in getrennten Zimmern zu schlafen, doch Rahel wirbt dennoch um Nähe, ist ungehalten, als ihre Tochter samt Kleinkindern in die Ferienidylle einbricht.

"Der Brand" enthält jede Menge Paar- und Generationenproblematiken, die Frage nach dem, was noch von der DDR-Identität übrig ist, aber auch die Überforderung mit neuen Sprach- und Lebensmustern. Gerade Wolfgang, der intellektuelle Schöngeist, tut sich schwer mit der Generation seiner Studenten, die sich in den Blasen sozialer Medien bewegen. Für Rahel geht es hingegen um innere Konflikte. Ist das gestörte Verhältnis zu ihrer Tochter nicht ein Echo der problematischen Beziehung zu ihrer Mutter? Und ist Viktor möglicherweise ihr biologischer Vater?

Dieses Innen- und Außenleben mit all seinen Problemen plätschert in einem ruhigen Erzählfluss dahin, für mich eher zu ruhig. Vielleicht hat mich der Roman deshalb mit gemischten Gefühlen zurückgelassen. Ja, das liest sich nett und die Charaktere sind glaubwürdig und realistisch angelegt, sind auch durchaus nicht uninteressant. Aber etwas mehr Verve hätte ich mir schon gewünscht.

Daniela Krien, Der Brand

Diogenes 2021

272 Seiten, 18.99

978-3-257-61200-4

 


Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Slow Horses im Schneegestöber - Mick Herron glänzt erneut

Kinderwunsch - aber koscher!

Das Leben kommt immer dazwischen