Von Familie und Familienbetrieb
Ach, tut es gut, einen so unaufgeregten amerikanischen Roman zu lesen wie "Samstagabend im Lakeside Supper Club" von J Ryan Stradal in einer Zeit, in der aus den USA so viele schrille Töne kommen. Wobei der Supper Club, um den es geht, in Minnesota liegt, also American Heartland, dort, wo MAGA so viel stärker ist als in den Küstenmetropolen.
Die Geschichte des Familienrestaurants und vier Generationen seiner Betreiber zieht sich durch mehrere Jahrzehnte und spiegelt auch die sich verändernde Gesellschaft wider. Die "Mom and Pop" Lokale wie der Supper Club, die einst in so vielen Kleinstädten mit Hausmannskost Mägen füllten und sozialer Ort waren, haben die Konkurrenz der Restaurantketten und Burger-Discounter häufig nicht überlebt - auch das macht dieses Buch deutlich.
Stradal erzählt ruhig, bedächtig, und zeigt eine amerikanische Realität jenseits von Wolkenkratzern und Großstadtlichtern. Vor allem geht es um vier Frauen, deren Lebensgeschichte mit dem Supper Club verknüpft ist - mal im Guten, mal im Zorn oder Frust. Provinz wird hier nicht abfällig gemacht, sondern mit ihren Stärken und Schwächen gezeigt, wie auch ihre Menschen. Tragödien und Liebe, Akzeptanz und Familiengeheimnisse, der Mikrokosmos des Restaurants mit seinen Mitarbeitern und Gästen, die Frage, wie Tradition gewahrt wird und wann sie zur Last wirkt - all das treibt im Erzählfluss mit.
The pursuit of happiness, das kann auch ein Familien-Diner mit seiner Bar als Begegnungsort der Kleinstadt sein. "Samstagabend im Lakeside Supper Club" ist auf den ersten Blick unspektakulär und doch ein liebevolles Porträt einer aussterbenden Art.
J. Ryan Stradal, Samstagabend im Lakeside Supper Club
Diogenes 2025
384 Seiten, 25 Euro
9783257073324
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