Ein Thriller voll Blut und Düsternis - "Die Plotter"
Es gibt Kritiker,
die Un-Su Kim bereits als den koreanischen Henning Mankell
bezeichnen. Zwischen Skandinavien und Ostasien liegen geografisch und
kulturell zwar Welten – aber mit seinem Krimianthriller “Die
Plotter” hat Un-Su Kim in der Tat einen großartigen Roman
geschrieben, der so dunkel und düster, zugleich aber auch
literarisch ist wie bei den besten Vertretern des Scandinavia
Noir-Genres.
Dunkel, sehr dunkel
und sehr blutig geht es zu in “Die Plotter”. Wie könnte es auch
anders sein, denn die Hauptfigur Raeseng ist ein Auftragsmörder,
Ziehsohn eines Meister-Plotters. Der Junge, der in einer Mülltonne
gefunden wurde und in einer Bibliothek aufwuchs, beging seinen ersten
Mord im zarten Alter von 17 Jahren und wundert sich als nunmehr
32-Jähriger, dass er überhaupt so lange überlebt hat.
Denn die Plotter,
die die Morde im Auftrag von Regierungen, Geschäftsleuten oder
Kriminellen genauestens planen, geben ihren Killern mit dem
Auftragsordner nicht nur genaueste Informationen über das Opfer und
seine Gewohnheiten, sondern auch zu Mordmethode. In keinem Detail
darf davon abgewichen werden, und wer den Unwillen oder Argwohn der
Plotter erregt, hat schnell einen Kollegen am Hals – etwa den
mysteriösen “Friseur”, der bereits Raesengs Ausbilder sowie
seinen besten Freund auf dem Gewissen hat.
Ohnehin haben sie
es verstanden, ihre Spuren zu verwischen – und das bedeutet auch,
sich ihrer Werkzeuge regelmäßig zu entledigen. In diesem System
leben auch die Killer auf geborgter Zeit, und wenn Raeseng im
Tierkrematorium seines Komplizen Bear Leichen entsorgt, von denen
buchstäblich nur Staub zurückbleibt, sieht er auch seine eigene
wahrscheinliche Zukunft, wenn er in die Flammen des Ofen starrt.
Fulminant ist schon
der Auftakt von “Die Plotter”, als Raeseng mit seinem
Zielfernrohr einen alten Mann ins Visier nimmt, der in seinem Garten
arbeitet. Er könnte schießen, und doch – es ist nicht der
richtige Moment. Raesang zeltet im Wald, wird ausgerechnet von seinem
ausersehenen Opfer überrascht und zum Abendessen eingeladen. Der
alte Mann ist ihm offensichtlich sympatisch. Den Mord begeht er
dennoch wie geplant. Hat der Alte es verdient, zu sterben? Als
Geheimdienstgeneral während der Zeit der Militärjunta gehörte auch
er zu den Auftraggebern der Plotter. Nun schließt sich gewissermaßen
ein Kreis.
In einem Kreislauf
von Gewalt und Tod befindet sich auch Raeseng, Unter Schuldgefühlen
leidet er nicht, zu sehr ist das Morden zur Routine geworden. Er
versucht auch gar nicht, seine Lebensweise vor sich selbst zu
rechtfertigen. Eher gleichen seine Anfälle
von Apathie, in denen er sich mit einem Riesenvorrat Bier für eine
Woche in seiner Wohnung verschanzt, Ermüdungserscheinungen eines
Mannes, der sich in der immer gleichen Tretmühle befindet. Seine
Bücher und seine beiden Katzen – das ist für den Profikiller der
Ausgleich, so etwas wie ein Privatleben in einer Existenz, in der
Freundschaft und Vertrauen berufsbedingt enge Grenzen haben.
Eine
Frau mit Rache- und Gerechtigkeitsdurst, Konkurrenz innerhalb der
Plotterszene und persönliche Motive zu Töten ziehen Raeseng in eine
Spirale von tödlicher Gewalt. Die blutbefleckte Chrysantheme auf dem
Buchtitel ist irgendwie symbolisch für diesen Thriller, in dem sich
ein Yakuza-ähnRlicher Loyalitätskodex mit buddhistischen Riten und
nihilistischer Philosophie mischt. Un-Su Kim führt seine Leser auf
eine Entdeckungsreiche durch die dunkle Seite von Seoul.
Un-Su
Kim, Die Plotter
Europa
Verlag, 2018
360
Seiten, 24 Euro
SBN 978-3-95890-232-9
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