Der Klimawandel kommt - Folgen für Menschen in Nord- und Südsee
Es ist ein interessantes Konzept, die Auswirkungen des
Klimawandels zu zeigen: zwei ganz unterschiedliche kleine Gemeinschaften,
relativ isoliert von der Außenwelt,
beide vom Anstieg der Meeresspiegel in ihrer Existenz bedroht, ob nun
als Angehörige einer Industrienation oder als Vertreter des globalen Südens. In
„Nordsee – Südsee“, herausgegeben vom Klimahaus Bremerhaven, wird genau das
getan. Vorgestellt werden zwei Welten im
Wandel, auf den Halligen in der Nordsee
und auf Samoa und den benachbarten Inselatollen in der Südsee.
Das Buch ist eine konsequente Fortführung der Ausstellung
des Klimahauses, die die Besucher entlang eines Längengrades führt. Reich
bebildert erinnert der Band eher an ausführliche Umweltreportage als an eine
wissenschaftliche Analyse. So versucht Autorin Jana Steingässer gar nicht erst die
Wahrung objektiver Distanz, sondern berichtet mit offenkundiger Sympathie über
die Menschen, die sich fragen, ob ihre Enkel oder Urenkel noch das Leben der
vorangegangenen Generationen führen können – egal ob auf der oft sturmumtosten
Hallig mit dem regelmäßigen „Land unter“ oder in der Südsee, deren Inselatolle
äußerlich immer noch dem Klischee paradiesischer Idylle mit lächelnden,
tiefenentspannten Menschen entsprechen,
die wie aus einem Gaugin-Gemälde scheinen. Doch das Paradies hat Schatten.
Es gibt kleine, eingeschobene Wissenskapitel von Experten
für Meeresforschung oder Anpassungsmaßnahmen, doch vor allem gib „Nordsee –
Südsee“ den Menschen eine Stimme, die besonders schnell vom Klimawandel
betroffen sind. Zumindest auf den
Halligen scheint das auch Chancen zu
öffnen, wenn die Mehrheit der Inselbewohner im Küstenschutz ihr Einkommen
findet . Und auch auf den beschriebenen Südseeinseln legen die Menschen nicht
die Hände in den Schoß, ob als Mangrovengärtnerin oder Korallenschützer, mit
Solarpanelen oder neuen Anbaumethoden,
die auch eine Reaktion auf versalzene Böden und immer mehr Trinkwassermangel
sind. Dabei bringen viele Porträtaufnahmen
und Bilder aus dem Alltag die Insel-Protagonisten dem Leser nahe
In Aussehen und Lebensweise, in ihrer Kultur und Tradition
sind sie grundverschieden, die Menschen in Nord- und Südsee. In ihren
Zukunftssorgen hingegen ähneln sie sich sehr, auch in der Verbundenheit mit der
Natur, die ihr Leben über Generationen
hinweg geprägt hat. Wie verändert sich eine Gemeinschaft, wenn ihre
Lebensgrundlagen entfallen?
Antworten gibt das Buch nur bedingt, wie auch nicht alle
Veränderungen nur mit dem Klima oder dem Anstieg der Meeresspiegel
zusammenhängen: Das 21. Jahrhundert macht auch vor Halligen und Südseeatollen
nicht halt. Die kleinen Inseln bieten selbst unter Beibehaltung der traditionellen
Lebensweise nur einer begrenzten Anzahl von Bewohnern Aus- und Einkommen. Für die anderen und auch für diejenigen, die
andere berufliche Ambitionen haben, bleibt nur der Weg an Land.
Klimahaus Bremerhaven (Hrsg), Nordsee – Südsee. Zwei Welten
im Wandel
Knesebeck Verlag, 2020
Ca 193 Seiten, 30 Euro
ISBN 978-3-95728-381-8
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