Jenseits des Westens

#Sachbuch #Philosophie #Zeitgeschehen

"Jenseits des Westens" heißt das vor wenigen Wochen erschienene Buch des Philosophen und Islamwissenschaftlers Stefan Weidner, und im Untertitel: "Für ein neues kosmopolitisches Denken". Klasse, dachte ich, als ich mir das Buch besorgte. Schließlich schien es so richtig gut in die gegenwärtige Debatte zu passen, aktueller denn je in einer Zeit mit immer mehr nationalistischen Tendenzen.

Also ein Appell, die Welt nicht nur durch die westliche/eurozentrische Brille zu sehen? Mehr Offenheit für andere Kulturen, Traditionen, Weltanschauungen? Zeigen, wie sehr der Glaube an die alleinige Deutungshoheit noch so gut gemeinte  Einmischung in andere Gesellschaften in ein Disaster treiben kann, siehe Irak oder Afghanistan?

Sicher, in gewisser Weise geht es um all dies. Leider hat sich der Autor aber für einen Stil entschieden, der sicher für eine Hausarbeit zum Thema Staatsphilosophie angemessen ist. Bei einer Länge von 350 Seiten gerät das Buch aber ziemlich sperrig, um es einmal milde auszudrücken. Und das ist schade, denn das Thema ist zu wichtig, um es auf eine rein akademische Diskussion zu begrenzen.Wer bisher nicht mit Kant und Hegel, Kierkegaard und Fukuyama auf vertrautem Fuß steht, hat schon mal schlechte Karten.

Bandwurmsätze machen die Lektüre auch nicht gerade lesefreundlicher. ein Beispiel: "Moralische Politik gerät vor diesem Hintergrund leicht in den pauschalen Verdacht der Gesinnungsethik, der überzogenen political correctness, ja des Staatsverrats, wie, abgemildert "Staatsversagen" genannt, der beliebteste Vorwurf gegen eine deutsche Flüchtlungspolitik lautet, die des Jahres 2015, welche die Menschlichkeit über eine kleinkrämerische Auslegung von Gesetzen undein verabsolutiertes Staatsverständnis stellte."

Uff! Aus diesem Text wird niemals ein Hörbuch, so viel ist klar. Oder der Sprecher muss vorher an seiner Atemkapazität arbeiten.

Fazit: Das Thema ist spannend. Die Umsetzung in diesem Fall leider nicht "massentauglich".  Weniger Theorie, mehr Anwendungsbeispiele über kosmopolitisches Denken und eine leserfreundlichere Schreibe wären da mehr gewesen.


Stefan Weidner,
Jenseits des Westens. Für ein neues kosmopolitisches Denken
Carl Hanser Verlag, München 2018
360 Seiten, 24 Euro
ISBN 978-3-446-25849-5

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