Wenn´s einfach wäre - Lehrerinnen-Selbstfindung an der Brennpunktschule

Annika wäre so gerne Pianistin geworden. Statt dessen unterrichtet sie Musik und Geografie an einer der besseren Schulen Hamburgs. Bis zur Versetzung an eine Problemschule im Brennpunktviertel. Annika will nur noch weg aus dem "Geddo" und von ihren neuen Schützlingen. Aber dann kommt natürlich alles ganz anders.

Motivierte und brave Schüler, ein nicht sonderlich anstrengender Beruf und nette Kollegen - Musiklehrerin Annika hat es sich gut eingerichtet an ihrer Traumschule in einem Hamburger Elbvorort. Ausgerechnet am Tag vor den Sommerferien erfährt sie, dass sie vom neuen Schuljahr an einer anderen Schule unterrichten wird. Ausgerechnet im Problembezirk.

Annikas schlimmste Erwartungen werden bestätigt - ihre neuen Schüler sind unmotiviert, stehen mit den einfachsten Regeln deutscher Grammatik auf Kriegsfuß und haben null Interesse an Unterricht und Hausaufgaben. Das bringe ja eh nichts, weil die kids vom Problemkiez nach der Schule eh auf der Straße landen, bekommt sie immer wieder zu hören.  Für Annika steht fest: hier bleibt sie nicht, Eine Musical-AG, mit der sie einen Schulpreis zu gewinnen hofft, soll zur Rückfahrkarte an die alte Schule werden. Aber davon haben ihre Kollegen und Schüler selbstverständlich keine Ahnung.

Petra Hülsmanns Buch "Wenn´s einfach wär, würd´s jeder machen" ist nicht etwa geballte Sozialkritik, sondern vor allem ein leichter Unterhaltungsroman über die Liebes- und Lebenswirrungen ihrer 27-Jährigen Hauptfigur, die in Krisenzeiten gerne bäckt und auf ihre beste Freundin und Mitbewohnerin Nele sowie die Nachbarn Sebastian und Kai setzen kann.

Schnell merkt sie, dass ihr ihre ach so unmöglichen Schüler eigentlich doch eine Menge bedeuten - der großspurige Möchtergern Gangsta Rapper Mesut, die schnoddrig-verletzliche Heaven-Tabitha, die von einer Gesangskarriere träumt, die schüchterne Maryam mit der großartigen Stimme und Meikel, der verschlossene Außenseiter. 

Annika muss ihren Schülern Selbstvertrauen vermitteln und gerät auf eine emotionale Achterbahn - nicht nur als Lehrerin, sondern auch privat. Und auch den Dämonen ihrer eigenen Vergangenheit muss sich die einst als Nerd gemobbte junge Frau stellen. Wie es sich für das Genre gehört, klappt es am Ende nicht nur mit den Schülern, sondern auch in Herzensangelegenheiten - und nicht die Schüler haben schließlich eine Menge gelernt.

Leicht geschrieben, unterhaltsam und eine nette Ferien- und Urlaubslektüre. Die Charaktere bleiben ein bißchen oberflächlich, aber lesbar ist der Roman trotz aller Vorhersehbarkeiten allemal.


Petra Hülsmann, Wenn´s einfach wäre, würd´s jeder machen
Bastei Lübbe, Köln 2018
ca 570 Seiten,   11 Euro
ISBN 978-3-40417690-8

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