Gebrauchsanweisung für Namibia - Afrika mit einem deutschen Touch

Mit “Gebrauchsanweisung für Namibia” hat Dominik Prantl ein Buch für Afrika-Neugierige und -Reisende geschrieben und zugleich einem Land seine Hommage erwiesen, dass für ihn, wie er auf seiner Webseite schreibt, bei allen Reisen auf dem Kontinent etwas besonderes ist.

Bei deutschen Touristen jedenfalls erfreut sich Namibia jedenfalls seit Jahren großer Beliebtheit. Schließlich gilt das Land einerseits als “Africa light” - die Kriminalitätsrate liegt auch in den Städten weitaus unter dem, was in Johannesburg oder Nairobi gang und gäbe ist. Für diejenigen, die als Selbstfahrer mit dem Englischen fremdeln, kann das nach wie vor verbreitete deutsche Element – und deutschsprachige Safari-, Lodge- und Farmstay-Anbieter – beruhigend sein.

Und selbst dort, wo Prantl vor Gefahren warnt, etwa Unfallgefahren, scheint das Land im Südwesten Afrikas berückend harmlos. Da scheint eher die Weite und nachlassende Konzentration das Problem zu sein als der Killerinstinkt von Truckern und Busfahrern. Jeder, der etwa schon einmal auf dem Highway zwischen Nairobi und Mombasa unterwegs war, auf dem ein Nahtoderlebnis irgendwie zu Fahrt zu gehören schheint, fühlt da gleich eine gewisse Erleichterung.

Und natürlich hat Namibia, für Prantl ein unterschätzter “Scheinriese”, sehr viel zu bieten – deutsche Kolonialgeschichte und aftikanische Savanne, die Namib-Wüste und die die Küste. Naturschutzgebiete und Jagdfarmen, Eigenbrötler, Aussteiger und aufstrebende afrikanische Unternehmer.

Prantl bemüht sich, die Vielfalt des Landes darzustellen und das mit Geschichten über Menschen und Begegnungen zu illustrieren, gerade in den Flecken im Nirgendwo, am Rande der Namib-Wüste oder an der Skelettküste. Da geht es auch um Flora um Fauna, um die ethnische Vielfalt, um ein Land, das sich angesichts seiner im Vergleich zu anderen afrikanischen Staaten noch jungen Unabhängigkeitsgeschichte und den nicht so weit zurückliegenden Einflüssen des südafrikanischen Apartheid-Regimes noch immer neu identifiziert.

Ethnische Vielfalt, kulturelle Identitäten – das alles wird beschrieben, aber ein deutlicher Schwerpunkt liegt eben auf den “Südwesterrn”, den deutschstämmigen, weißen Namibiern. Eben jenen, die auch für deutsche Touristen häufig die Kontakt- und Ansprechpartner sind, denn sie sind diejenigen, die etwa zu den großen Landbesitzern gehören, die ihre Farmen auf Urlauber ausgerichtet haben, oder die in den Städten und Städtchen das deutsche Kolonialerbe touristisch verwerten.

Der Autor bleibt dort vage, wo es kontrovers werden könnte – etwa bei den Jagdfarmen. Im südlichen Afrika gibt es Angebote, die in Ländern wie Kenia oder Tansania ein no-go sind – Jagdfarmen etwa, auf denen gegen entsprechende Prämien Tiere geschossen werden dürfen. Oder auch Angebote, mit “zahmen” Geparden Spaziergänge zu machen oder mit einem Löwenbaby zu kuscheln. Die Kontoversen, die es auch innerhalb afrikanischer Naturschutzorganisationen und -verbände hierzu gibt, bleiben ausgespart.

Auch dort, wo es um Landeskultur und -mentalitäten geht, wird vieles durch die “weiße” Südwesterbrille gesehen. Das stößt mir persönlich übel auf. Gewiss, die weißen Farmer bewirtschaften ihr Land effektiver als schwarze Kleinbauern. Nur: Sie haben auch entsprechend ausreichende Flächen. Und sie sind seit Generationen Landbesitzer, nicht Generationen von Knechten, die die wirtschaftliche Unabhängigkeit erst lernen müssen. Da kommt dann der Eindruck auf, dass es am Tisch der netten Gastgeber auf den Touristenfarmen zu gemütlich war, dass der robuste Charme der “Südwester” kritische Fragen überdeckte und das Nachbohren verhinderte, wie sich manche “afrikanische” Verhaltensweisen wohl entwickelten.

Für Afrika-Einsteiger trotz dieser Vorbehalte ein lesenswertes Buch, das versucht, den “Scheinriesen” im Südwesten zu erklären. 

Dominik Prantl,
Grabrauchsanweisung für Namibia
Piper-Verlag, 2018
ISBN  978-3-492-27716-7

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