Feldforschung unter Dickhäutern - Elefanten

 Nicht nur Zoobesucher und Safari-Urlauber lieben Elefanten. Die größten Landlebewesen mit ihrem sozialen Leben in von Matriarchinnen angeführten Herden hat schon viele Wissenschaftler begeistert. Hannah Mumby ist da keine Ausnahme, wie ihr Buch „Elefanten“ zeigt. Während sich manche Forscher darauf konzentrieren, das Leben von Herden in einem bestimmten Gebiet zu beobachten und zu dokumentieren, hat die Verhaltensbiologin in Afrika und Asien gleichermaßen ihre Studien gemacht, über wild lebende und über Arbeitselefanten.

Und so, wie sich ihre Forschungsarbeiten zu immer wieder neuen Aspekten und Regionen verschoben, so schreibt sie auch über das Leben der Tiere zwischen Geburt und Tod, über die Aufzucht von Jungtieren, die Trennung der männlichen Tiere von ihren Ursprungsfamilien in der Adoleszenz, die Bindung zwischen Menschen und Elefanten dort, wo die Tiere als Arbeitselefanten eingesetzt werden: Ein bißchen sprunghaft, das Anekdotische überwiegt über dem Analytischen, Persönliches wie die gesundheitlichen Probleme der Autorin und Geschichten über andere Wissenschaftler steht gleichwertig neben der Beschreibung der Feldforschung und der Beobachtung von Elefanten.

Ein bißchen boshaft könnte man sagen: Es ist ein Buch wie geschrieben für die Generation derjenigen, die, gewöhnt an schnelle Schnitte und häppchengerechte Kurzvideos auf sozialen Medien nicht mehr die recht Aufmerksamkeitsspanne haben für lange Texte, die womöglich auch noch viel eigene Denkarbeit einfordern.

Nun ist es ja gerade ein Kennzeichen britischer und amerikanischer Wissenschaftler, dass Veröffentlichungen nicht staubtrocken und ohne das kleinste bißchen Humor sein müssen.  Wenn die Autorin über ihren inneren Elefanten reflektiert, ist das schin ein wenig irritierend – sollten Wissenschaftler nicht in der Lage sein, im Namen der Objektivität ihrer Arbeit die nötige Distanz zu wahren?

Irritierend ist, dass  Mumby zwar auf die Bedrohung der Elefanten durch Wilderei und Elfenbeinhandel eingeht, den Einsatz von Arbeitselefanten aber merkwürdig unkritisch sieht: In dem Buch werden nur wunderbare und anrührende Symbiosen zwischen Elefanten und ihren menschlichen Führern beschrieben. Von der Kritik vieler Wildschützer an Trainings, bei denen der Wille der Tiere gebrochen wird und es zu Misshandlungen kommt, ist hingegen nicht die Rede.  Selbst wenn Mumby für ihre Forschungsarbeit in Camps war, in denen Elefanten vorbildlich behandelt wurden,  kann es einer Wissenschaftlerin wohl kaum entgehen, dass die Haltung von Arbeitselefanten, so lange es sie auch schon gibt, nicht unumstritten ist.

Davon abgesehen, gibt das Buch nicht nur Einblicke in Freud und Leid der Feldforschung, sondern stellt auch praktische Herausforderungen vor, etwa: Wie wiegt man einen Elefanten, der davon womöglich nur wenig hält? Und auch spannende Wissenshappen über das Vermögen der Tiere, etwa verschiedene menschliche Sprachen auseinanderzuhalten und sie nach „gefährlich“ oder „harmlos“ zu sortieren, gibt es in „Elefanten“.

 

Hannah Mumby, Elefanten

Hanser Verlag, 2021

302 Seiten, 26 Euro

ISBN 978-3-446-26931-6

 

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