Mediales Hint-Dropping und ein neurotische Dackel

 Udo Lindenberg-Fans und Leute aus der Medienbranche haben bei "Einer muss den Job ja machen" von Lars Haider einen klaren Vorteil: Nicht nur der Titel ist einem Lindenberg-Song entliehen, auch der Protagonist, der  Hamburger Lokaljournalist Lukas Hammerstein, ist mit dem Sänger befreundet. Um Deutschrock geht es allerdings weniger, viel mehr dreht sich dieser unterhaltsame Hamburg-Roman um die Nachwehen des G7-Gipfels, die Krise in der Medienbranche und den Tod zweier renommierter Journalisten. 

Hammerstein sollte all das eigentlich kalt lassen, denn er hat ein dreimonatiges Sabbatical genommen, um sich seiner mittlerweile hochschwangeren Frau zu widmen, das Kinderzimmer herzurichten und sich um den neurotischen Dackel der Schwiegereltern kümmern. Doch wie kann ein Reporter wegschauen, wenn er eine große Geschichte wittert und irgendwie auch einer seiner besten Freunde in die mediale Schusslinie gerät? Bei diesem Freund handelt es sich denn auch noch um den regierenden Bürgermeister mit Träumen vom Kanzleramt.

Auch sonst enthält der launig geschriebene Roman so manche Anspielung an das Mediengeschehen der letzten Jahre: sei es die Erwähnung des großen jungen Talents, das Journalistenpreise abräumt für Reportagen, die fast zu schön sind, um wahr zu sein. Oder ein Chefredakteur, der sehr intimen Zugang zu jungen Mitarbeiterinnen pflegt. Auch dass ältere Kolleginnen und Kollegen mit gut dotierten Verträgen von sparwütigen Verlagschefs regelrecht in den Vorruhestand gemobbt werden - alles klingt recht vertraut.

Hammerstein ist bei seinen als ausgiebiges Gassi-Gehen getarnten Recherchen nicht allein - seine Kollegin, die Polizeireporterin Kaja, arbeitet mit ihm zusammen und versucht unverdrossen, Hammerstein vom Sinn gegenderter Sprache zu überzeugen. Ansonsten beschränkt sich ihr Kontakt zur Polizei nicht streng auf das Berufliche, was im Fall des Chefs der "SoKo Pressefreiheit" eine ideale Verbindung von Beruflichem und Privaten ist. 

Die Action hält sich in diesem Hanseaten-Krimi zwischen Elbphilharmonie und Schanze in Grenzen, dafür gibt es Lokalkolorit und einen ironischen Blick auch die Mechanismen medialer Aufgeregtheiten. 

Lars Haider, Einer muss den Job ja machen

Hoffmann und Campe 2023

384 Seiten, 18 Euro

 9783455016307

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