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Es werden Posts vom Mai, 2025 angezeigt.

Oberflächlichkeiten und Intrigen

 "Teddy" von Emily Dunlay ist eine Zeitreise in die Gesellschaft der frühen 60-er Jahre, als die Lebenswirklichkeit von Frauen noch eine ganz andere war. Teddy, 34 Jahre alt und Tochter einer reichen texanischen Familie mit Verbindungen in die Politik, kommt als frischgebackene Diplomatengattin nach Rom, in der Hoffnung auf Glamour und reiches gesellschaftliches Leben, gleichzeitig aber auch voller Ängste und Unsicherheiten. Der Verlag verspricht im Klappentext eine "unvergessliche Heldin mit hohem Identifikationspotential" - da muss ich passen. Zwar kann ich durchaus ein gewisses Mitleid mit dem "poor rich girl" empfinden, das mit Mitte 30 noch immer keine Rolle für sich gefunden hat und ziemlich orientierungslos durchs Leben taumelt.  Andererseits: mit so viel Privileg geboren und aufgewachsen und nichts daraus gemacht? Identifikationspotential sehe ich hier überhaupt nicht, im Gegenteil: Teddy ist eine Frau voller Oberflächlichkeiten und Konsumzwänge, g...

Frauenfreundschaft und -solidarität

 Mit ihrem Buch "Dream Count" hat sich die US-nigerianische Schriftstellerin Chimamanda Ngozi Adichie nach längerer Pause mit einem Roman zurückgemeldet. Sie hat lange an dem Roman gearbeitet, und mit dem Schreibprozess fielen die Corona-Pandemie sowie der Tod ihres Vaters (den sie in ihrem Buch "Trauer ist das Glück, geliebt zu haben" verarbeitete) und nur ein Jahr später der Tod ihrer Mutter, der sie den neuen Roman widmete. Tatsächlich ist "Dream Count" vor allem ein Buch über die Lebensgeschichten, -träume und Freundschaften von Frauen. Wobei die Mutter-Tochter-Verhältnisse, die darin beschrieben werden, teils innig, teils durchaus ambivalent sind. Es ist auch ein Spagat zwischen den Welten in Nigeria beziehungsweise Westafrika und den USA, Adichies Wahlheimat. Drei der Protagonistinnen entsprechen so gar nicht dem Klischee, das viele Menschen in Europa und Nordamerika von Afrikanerinnen haben: Die Reiseschriftstellerin Chiamaka, die Anwältin Zikora un...

Wirtschaftsgeschichte für nicht-Ökonomen

 Vielleicht geht es ja nicht nur mir so: Wirtschaftsthemen können mitunter leicht überfordernd sein, wenn der Hintergrund und Expertenwissen fehlen. Mit Andrew Leighs "Die kürzeste Geschichte der Wirtschaft" gibt es einen gewissermaßen niederschwelligen und durchaus unterhaltsamen Zugang (etwas, wofür Wissenschaftler aus dem angelsächsischen Raum gar nicht genug gelobt werden können: Sie versuchen, nicht staubtrocken zu schreiben, sondern bei aller Wissenschaftlichkeit auch gefällig für die Leser*innen) Wenn es um Preisniveaus in Reiseländern geht, kannte ich bereits den "Big Mac-Index" - was kostet ein Burger in verschiedenen Ländern, als Berechnung für die zu erwartenden Kosten. Leigh schafft den Einstieg ähnlich plastisch, in dem er vorrechnet, wieviel Arbeit für eine Beleuchtung mit der Leistung einer durchschnittlichen Glühbirne im Laufe der Jahrtausende verbunden war. Und da zeigen sich vom Feuer in den Höhlen unserer frühen Vorfahren über Öllampen bis hin zum...

Outlaw- und Außenseiterroman aus dem amerikanischen Westen

 Sie sind Biker, Meth-Köche, Späthippies - die Bewohner eines ehemaligen Jugendcamps in Oklahoma, die sich von Geld aus dem Drogenverkauf finanzieren. Jardine Libaires Roman "Dein Herz, ein wildes Tier" beginnt mit der Beschreibung der Kommune und der Ankunft ihres jüngsten Mirtglieds, einem Großfamilienleben der anderen Art. Doch dann geht etwas schief und vier Mitglieder der Community finden sich mit einem Haufen Geld auf der Flucht: Das Bikerpaar Ray und Staci, der labile Ernie und Coral, Neuzugang der Kommune. Die 17-jährige ist so gut wie taub und spricht nicht, was in ihr vorgeht, darüber können die anderen nur rätseln. Und dennoch  fühlen sie sich für sie verantwortlich. Ex-Stripperin Staci entwickelt zum eigenen Erstaunen so etwas wie Mutterinstinkt. Ernie wiederum ist fasziniert von Coral, steigert sich in Verliebtsein hinein.  Nur Ray, eher Typ einsamer Wolf, findet, dass plötzlich zu viel Nähe entstanden ist, träumt vom Ausbrechen. Auf dem Motorrad den Highway ...

Girl Power gegen toxische Männlichkeit

 Als Sachbuchautorin befasst sich Susanne Kaiser mit Mysogynie, Genderstereostypen, toxischer Männlichkeit, Sexismus und Feminismus. Da ist es kaum verwunderlich, dass auch in ihrem Debütroman Gewalt gegen - sehr junge - Frauen thematisiert wird. In "Riot Girl" schlagen die Mädchen, denn es geht um eine Bewegung von Teenagerinnen - zurück, organisieren sich über soziale Medien und die Vertaggung durch Influencerinnen, um flashmobs zu organisieren, die buchstäblich Wellen schlagen.  LKA-Forensikerin Obalski wird als verdeckte Ermittlerin ins Münchner Jugendamt eingeschleust, um Informationen über die Organisation der Influenzas und ihre Ziele zu ermitteln. Schon bald stellt sie fest - es scheint eine Untergruppe zu geben, die sich radikalisiert. Als nach einer konspirativen Party an der Isar eine Leiche auftaucht, stellt sich die Frage - greifen die Gruppenmitglieder auch zu Gewalt? Und was hat es mit dem runenförmigen Symbol zu tun, das bei mehreren Mädchen in den Arm geritzt...