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Es werden Posts vom November, 2025 angezeigt.

Gelangweilte Hausfrau und toughe Detektivin stoßen auf Verschwörung

  Ich kenne und schätze Mick Herron als Autor der Geheimdienstserie um die "Slow Horses" des MI5. Da war ich natürlich neugierig auf seine Reihe um die Privatdetektivin Zoe Boehm und wurde nicht enttäuscht: Auch hier findet sich die unwiderstehliche Mischung aus Spannung, Geheimnissen und einer ordentlichen Prise britischen Humors, dazu Protagonisten, die eher unfreiwillig in Verschwörungen und finstere Machenschaften stolpern. Zoe Boehm ist allerdings - bis jetzt - eine Nebenfigur, die erst spät in der Handlung Profil entwickelt. Vor allem geht es um die Hausfrau Sarah, die weder beruflich noch privat gerade viel Freude an ihrem Leben hat. Ehemann Mark ist in der Finanzwelt tätig und verlässt sich darauf, dass sie ihm den Rücken freihält, ohne sie umgekehrt in ihren fast schon vergessenen Ambitionen zu unterstützen. Nun soll sie auch noch als Gastgeberin eines Dinners für einen wichtigen Kunden brillieren, den sie schon sehr schnell nervig und abscheulich findet. Dann allerd...

Internationale Justiz - eine Chance für Gerechtigkeit

 Steve Crawshaw hat als Journalist gearbeitet, unter anderem im ehemaligen Jugoslawien während des Bürgerkriegs. Später engagierte er sich bei verschiedenen Menschenrechtsorganisationen. Sein Buch "Vor Gericht" über internationale Justiz zur Ahndung von Menschenrechts- und Kriegsverbrechen ist ein bißchen mit beiden dieser Berufsfelder  verbunden - einerseits sachlicher Report, andererseits durchaus Aktivismus für mehr Gerechtigkeit für Menschen wie Folteropfer oder Überlebende von Kriegsverbrechen, die in ihren eigenen Ländern auf keine Verfahren hoffen können. "Vor Gericht" liefert einerseits historischen Hintergrund zur Entstehung des Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag und den Internationalen Gerichtshof, erläutert das Weltstrafprinzip. das es etwa erlaubt hat, Kriegsverbrecher in Deutschland vor Gericht zu bringen, auch wenn es keinen deutschen Tatort und keine deutschen Opfer oder Täter gibt.  Zugleich ist das Buch höchst aktuell, geht es doch um die ...

Verflucht zum Unglücklichsein? Nigerianischer Familienroman

 Die nigerianische Autorin Oyinkan Braithwaite hat mich mit ihrem Debütroman "Meine Schwester, die Serienmörderin" begeistert. Da war ich natürlich neugierig auf ihr neues Buch "Der Fluch der Falodun-Frauen". Vorweg sei verraten: Dieses Buch ist ganz anders, auch wenn es ebenfalls um Familiendynamiken und energische Frauen geht. Braithwaite erzählt auf mehreren Zeitebenen und Erzählperspektiven die Schicksale der Frauen der Familie Falodun, die  seit Generationen unter einem Dach zusammenleben - dies auch, weil eine Vorfahrin samt aller weiblichen Nachkommen verflucht wurde, in der Liebe unglücklich zu sein. Hat dieser Fluch tatsächlich über Generationen hinweg Folgen, oder schafft der Glaube an ihn eine self fulfilling prophecy? Wie viel Einfluss haben die Frauen auf ihr Schicksal, welche Strategien wählen sie, um mit dem ominösen Fluch umzugehen? Und kann sich Geschichte wiederholen? Zu den Dreh- und Angelpunkten gehört das Schicksal von Monife, die mit Mitte 20 S...

Ermittlungen in der frühen Sowjetunion

 Mit seinem historischen Kriminalroman "Samson und das Galizische Bad" lässt der ukrainische Autor Andrej Kurkow nunmehr zum dritten Mal den jungen Kriminalinspektor Samson in der frühen Sowjetunion ermitteln. Noch befindet sich vieles im Umbruch - doch schon ist der aufkommende Stalinismus und die eiserne Faust der Tscheka zu spüren, die Politisierung der Ermittlungen wie des ganzen noch teils revolutionären Alltags. Daher ist auch dieser Roman einmal mehr viel mehr als ein Krimi, auch wenn Samson das Rätsel um  eine Gruppe von Rotarmisten lösen muss, die nach dem Besuch eines öffentlichen Bads spurlos verschwunden sind. Nur ihre Uniformen sind geblieben. Handelt es sich um Deserteure, oder waren in dem Bad finstere Machenschaften zugange? Samson stößt auf Spekulantentum und Räubereien, muss sich um einen Kollegen und seine junge Ehe sorgen, und dann ist da noch die befürchtete Interessen- und Ermittlungskollision durch Überschneidungen mit einem Fall der Tschekisten. Kurkow...

Das Wegschauen und das Komplizentum - kluge Analyse des Dritten Reichs

 In seinen Büchern über das nationalsozialistische Deutschland hat der Historiker Götz Aly schon wiederholt die Stimmung der Bevölkerung im Zweiten Weltkrieg untersucht. Mit seinem neuen Buch "Wie konnte das geschehen?" versucht er Antworten zu geben auf eine Kernfrage, die wohl alle beschäftigt, die sich mit dem Dritten Reich, der Schoah und deutschen Kriegsverbrechen befassen oder darüber lernen. Das Buch mit teilweise persönlichen Elementen beim Rückblick auf das Verhalten und die Stimmung in der eigenen Familie liefert viel Stoff zum Nachdenken - auch und gerade dann, wenn Vergleiche zu den Themen und Strategien rechtspopulistischer und rechtsextremer Parteien und Gruppierungen in der Gegenwart gezogen werden. Aly zeigt, dass das Komplizentum und die Einbindung der "Normalbevölkerung" weitaus verbreiteter waren und auf vielen Ebenen stattfanden, eben nicht nur bei denen, die 1938 dank "arisierter" Betriebe und Geschäfte wirtschaftlich ganz anders durch...